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Abgabenordnung: Wissen, wie das Finanzamt denkt: Diese neuen Regelungen des neuen AEAO müssen Sie kennen

05.01.2022
Mit dem Jahressteuergesetz 2020, das Mitte Dezember 2020 verabschiedet wurde, hat der Gesetzgeber das Gemeinnützigkeitsrecht reformiert und viele Neuerungen auf den Weg gebracht. Nachfolgen musste nun die Finanzverwaltung durch die Schaffung von Anwendungsvorschriften. Dies macht das Bundesfinanzministerium durch den „Anwendungserlass zur Abgabenordnung“ (AEAO). Darin erläutert das Bundesfinanzministerium den Finanzämtern in ganz Deutschland, wie sie die gesetzlichen Regelungen auszulegen und anzuwenden haben. Da dies maßgebliche Auswirkungen auf Ihre Geschäftsführung hat, müssen Sie diese Regelungen kennen. Wir stellen sie Ihnen vor

Warum ist der AEAO für Sie so wichtig?

Wollen Sie wissen, wie Ihr Finanzamt tickt und warum es manche Dinge verlangt und bei Steuern und Finanzen sehr allergisch reagiert? Dann müssen Sie sich mit dem AEAO vertraut machen, da Sie dort auf alle wesentlichen Fragen die Antworten finden. Das fängt bei der „Förderung der Allgemeinheit“ an, geht über die korrekte Rücklagenbildung und endet bei Einzelheiten zu den Zweckbetrieben.

Tipp:  Den vollständigen Text des Anwendungserlasses finden Sie auf den Seiten des Bundesfinanzministeriums (www.bundesfinanzministerium.de). Es lohnt sich, ihn zu lesen, da auch das Finanzamt nicht immer recht hat und der AEAO Ihnen hilft, die Sachverhalte kritisch zu hinterfragen. Da der AEAO nach den Paragrafen der Abgabenordnung sortiert ist, findet man sich darin schnell zurecht.

Die Finanzgerichte betonen allerdings zu Recht immer wieder, dass es sich bei dem Anwendungserlass nur um interne Verwaltungsvorschriften handelt und nicht um Rechtsnormen, die ein Gericht binden könnten. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) hat immer wieder klargestellt, dass er bei der Gesetzesauslegung nicht an Verwaltungsvorschriften gebunden ist (BFH, Urteil vom 23.07.2009, Az. V R 20/08). Daher kommt es immer wieder vor, dass die Finanzgerichte von den Vorgaben des AEAO abweichen.

Dieses Spannungsfeld zwischen der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten wird teilweise dadurch entschärft, dass die Finanzverwaltung die Urteile des Bundesfinanzhofes im AEAO berücksichtigt. Dies tut sie jedoch nicht immer dahin gehend, dass die Rechtsprechung eins zu eins umgesetzt wird. Teilweise weicht auch die Finanzverwaltung im AEAO bewusst von der Rechtsprechung ab. Damit gibt sie zu verstehen, dass es sich bei einem Urteil lediglich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die keine grundsätzliche Bindungswirkung hätte.

Welche Änderungen müssen Sie berücksichtigen?

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurden umfangreiche Änderungen im Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts vorgenommen. Viele davon betrafen die Abgabenordnung, sodass auch der AEAO angepasst werden musste. Die wichtigsten Änderungen stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Änderung 1: Neue gemeinnützigen Zwecke

Mit der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts kamen neue gemeinnützige Zwecke in den Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO, nämlich:

  • die Förderung des Klimaschutzes (Nr. 8),
  • die Förderung der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden (Nr. 10),
  • die Förderung der Ortsverschönerung (Nr. 22),
  • die Förderung des Freifunks (Nr. 23) und
  • die Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten (Nr. 26).

Zusätzlich wurde der Begriff „rassisch“ in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 AO in „rassistisch“ geändert. Während Begriffe wie „Klimaschutz“ oder „geschlechtliche Identität“ bzw. „geschlechtliche Orientierung“ für das Bundesfinanzministerium (BMF) selbsterklärend waren, sah es sich veranlasst, die weiteren neuen Zwecke zu erläutern.

Förderung der Ortsverschönerung

Ohne Vereine sähe es in vielen Städten, Gemeinden oder Dörfern im Hinblick auf das Ortsbild schlecht aus, denn viele davon kümmern sich um Parks oder Plätze. Dies sah auch der Gesetzgeber und nahm diesen Zweck in den Katalog auf. Hierdurch soll es zu einer ausdrücklichen gesetzlichen Hervorhebung dieses Zwecks kommen (BR-Drs. 501/20, S. 60).

Viele Vereine widmen sich schon jetzt der Landschaftspflege, der Heimatpflege, dem Naturschutz oder der Denkmalpflege. Mit dem Begriff der „Ortsverschönerung“ sollen diese nun gebündelt werden. Was alles zu dieser Förderung der Ortsverschönerung gehört, hat das BMF im AEAO nun festgehalten. Dazu zählen unter anderem auch grundlegende Maßnahmen der Landschafts-, Heimat- und Denkmalpflege sowie des Naturschutzes und solche zur Verbesserung der örtlichen Lebensqualität. Beispielhaft wird hier auch die Unterhaltung von öffentlichen Parkanlagen oder Lehrpfaden zur Regionalgeschichte genannt. Aber Achtung: Aspekte der Wirtschafts- und Tourismusförderung fallen nicht darunter.

Achtung:  Wenn Sie sich jetzt jedoch als „Heimatkunde-“ oder „Heimatpflege“-Verein entscheiden, den Zweck der Ortsverschönerung aufzunehmen, sollten Sie dies sorgfältig prüfen. Denn im Hinblick auf die Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen bestehen zwischen Vereinen mit dem Zweck der Heimatkunde und -pflege Unterschiede zu solchen mit dem Zweck der Ortsverschönerung.

Denn in § 10b Abs. 1 Satz 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) heißt es: „Nicht abziehbar sind Mitgliedsbeiträge an Körperschaften [= Vereine], […] die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 22 der Abgabenordnung) fördern.“ Die Beiträge für diese Vereine können steuerlich also nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Bei der Ortsverschönerung wäre jedoch die Abziehbarkeit gegeben. Ggf. bietet es sich an, einen neuen „Ortsverschönerungsverein“ zu gründen.

Förderung des Freifunks

Mit dem Begriff „Freifunk“ wird die nicht kommerzielle Förderung der Einrichtung und Unterhaltung von Kommunikationsnetzwerken verstanden, die der Allgemeinheit offenstehen. Die Weitergabe oder Verwendung der Nutzerdaten für gewerbliche Zwecke fällt jedoch nicht unter den Begriff des steuerlich begünstigten Freifunks.

Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen

Da die Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nicht bestattungspflichtige Kinder und Föten in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 26 AO im Katalog der gemeinnützigen Zwecke ganz neu aufgenommen wurden, bestand auch der Bedarf der Erläuterung im AEAO. Diese finden Sie in der Nr. 2.9 zu § 52 AO. Danach können Sie als Verein die Friedhofsverwaltung übernehmen. Dies umfasst auch die Pflege und Unterhaltung des Friedhofsgeländes und seiner Baulichkeiten.

Eine wesentliche Anforderung des Gemeinnützigkeitsrechts ist, dass Ihre Tätigkeit selbstlos, ausschließlich und unmittelbar wahrgenommen wird. Nur dann kann dies als Förderung der Allgemeinheit im Sinne des § 52 AO eingeordnet werden. Das BMF weist hier darauf hin, dass zu dem neuen Zweck auch die Aufgaben des Bestattungswesens zählen, wie etwa

  • der Bestattungsvorgang,
  • die Grabfundamentierung,
  • das Vorhalten aller erforderlichen Einrichtungen und Vorrichtungen sowie
  • die notwendigerweise anfallenden Dienstleistungen wie Wächterdienste, Sargaufbewahrung, Sargtransportdienste im Friedhofsbereich, Totengeleit, Kranzannahme, Graben der Gruft und Ähnliches.

Damit wäre einem Friedhofsverein eine umfassende Betreuung möglich. Weiterhin sind auch die Tätigkeiten umfasst, die kraft Herkommens oder allgemeiner Übung allein von der Friedhofsverwaltung erbracht oder allgemein als ein unverzichtbarer Bestandteil einer würdigen Bestattung angesehen werden, wie zum Beispiel das Läuten der Glocken, die übliche Ausschmückung des ausgehobenen Grabes oder die musikalische Umrahmung der Trauerfeier.

Dieser neue Zweck umfasst auch die Unterhaltung von Gedenkstätten für sogenannte „Sternenkinder“, die nach dem jeweiligen Landesbestattungsgesetz nicht bestattet werden können, als einem Ort der Trauer für die betroffene Familie.

Wenn Ihr Verein jedoch nur die seelsorgerische Betreuung der Angehörigen übernimmt, wird dies – wie bisher – als Förderung mildtätiger Zwecke gemäß § 53 AO angesehen.

Anpassung der Satzung hat Zeit

Das BMF gibt Ihnen Zeit, um die Satzung anzupassen. In AEAO Nr. 9 zu § 60 AO ist festgehalten, dass ein steuerbegünstigter Verein, dessen Satzung bereits vor dem 29. Dezember 2020 bestanden hat, diese nicht allein aufgrund der neuen Zwecke in § 52 Abs. 2 Nr. 8, 10, 22, 23 und 26 AO ändern muss, wenn die bisherige satzungsgemäße steuerbegünstigte Tätigkeit weiterhin in gleichem Umfang durchgeführt wird.

Gleichwohl sollten Sie die Änderungen angehen, die sich aus den neuen Formulierungen ergeben. So gehen Sie Diskussionen mit Mitgliedern sowie Freunden und Förderern des Vereins aus dem Weg, die nachfragen, warum der ein oder andere Zweck nicht in der Satzung aufgenommen ist.

Bei den neuen Zwecken hingegen, wie dem Freifunk, der Ortsverschönerung oder auch dem Friedhofswesen werden Sie um eine Satzungsergänzung nicht herumkommen. Nutzen Sie diese Satzungsänderung am besten auch, um Ihre Satzung „pandemiefest“ zu machen, indem Sie die virtuelle Mitgliederversammlung vorsehen.

Änderung 2: Zeitnahe Mittelverwendung

Für gemeinnützige Vereine gilt generell die Pflicht der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Eine zeitnahe Mittelverwendung ist danach gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Gelder wie Spenden und Mitgliedsbeiträge, die Ihrem Verein im Jahr 2021 zugegangen sind, müssen Sie bis zum 31. Dezember 2023 für Ihre Vereinszwecke ausgegeben haben. Eine Ausnahme besteht hier grundsätzlich nur für die Bildung von Rücklagen.

Beispiel
Sie möchten das Dach des Vereinsheims neu eindecken lassen. Da dem Verein hierfür die Mittel fehlen, wollen Sie das Geld ansparen und bilden dafür eine Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (sogenannte Projektrücklage). Das ist zulässig und gemeinnützigkeitsunschädlich.

Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde im Hinblick auf die zeitnahe Mittelverwendung für kleinere Vereine eine Ausnahmevorschrift geschaffen. Das heißt: Vereine mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 Euro sind von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen. Diese Regelung warf jedoch Fragen auf, die mit dem AEAO nun beantwortet wurden.

Eine der wesentlichen Fragen war, welche Mittel hier bei den Einnahmen zu berücksichtigen waren. Dieser Mittelbegriff wurde nun dahin gehend erläutert, dass es sich um alle Vermögensmehrungen handelt, die Ihrem Verein zufließen. Dazu zählen alle Einnahmen des ideellen Bereichs, wie Mitgliedsbeiträge, Spenden oder Zuwendungen der öffentlichen Hand.

Aber auch die Bruttoeinnahmen aus der Vermögensverwaltung müssen Sie bei den Vermögensmehrungen berücksichtigen. Dazu zählen beispielsweise Zinsen oder auch die Einkünfte aus Bandenwerbung. Im wirtschaftlichen Bereich, also dem (steuerfreien) Zweckbetrieb und dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, unterliegen auch die Bruttoeinnahmen der zeitnahen Mittelverwendung.

Die Ausnahme gilt hier als nicht. Übrigens: Mit dem Begriff der „Bruttoeinnahmen“ ist verbunden, dass Sie die enthaltene Umsatzsteuer berücksichtigen müssen. Da die Steuerbegünstigung nur den Bereich der sogenannten Ertragsteuern, also der Körperschaft- und Gewerbesteuer, betrifft, ist die Frage der Umsatzsteuerbefreiung immer getrennt zu prüfen. Diese besteht nur für bestimmte Bereiche.

Wenn Ihr Verein zum Beispiel Räumlichkeiten vermietet, unterliegt diese Vermietung nicht der Umsatzsteuer. Wenn Umsätze nicht von der Umsatzsteuer befreit sind, ist in den von Ihnen vereinnahmten Entgelten auch die Umsatzsteuer enthalten (§ 4 Nr. 12 Umsatzsteuergesetz).

Beispiel
Ihr Verein hat einen Sponsoring-Vertrag abgeschlossen, der eine Zahlung von 10.000 Euro brutto vorsieht. Da es sich hier um den Bereich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs handelt, ist die Umsatzsteuer (19 Prozent, also 1.596,64 Euro) hier in dem Betrag enthalten.

Diese 19 Prozent gehören jedoch nicht Ihrem Verein, sondern müssen an das Finanzamt abgeführt werden. Hier weicht die Finanzverwaltung von der Auffassung der Finanzgerichte ab. Der BFH ist der Auffassung, dass bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nur die Gewinne der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (BFH, Urteil vom 15.07.1998, Az. I R 156/94), während der AEAO nun die Bruttoeinnahmen vorsieht. Dies kann zu der misslichen Situation führen, dass Sie im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hohe Bruttoeinnahmen haben, aber aufgrund hoher Ausgaben nur einen geringen Gewinn, gleichwohl aber insgesamt der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen.

Beispiel
Einnahmen bruttoAusgabenGewinn/Verlust
Sommerfest3.000 €4.000 €– 1.000 €
Vereinsheim40.000 €2.000 €38.000 €
Sponsoring3.000 €10.000 €– 7.000 €
Gesamt, § 64 Abs. 2 AO46.000 €16.000 €32.000 €

Obwohl der Verein hier mit seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einen Gewinn erwirtschaftet hat,der unter der 45.000-Euro-Grenze liegt, ist er zur zeitnahen Mittelverwendung verpflichtet, da die Bruttoeinnahmen mit 46.000 Euro darüberlagen.

Bis hierhin ist dies alles verständlich. Problematisch wird dann aber, dass das nach Auffassung des BMF zu den Einnahmen in diesem Sinne auch solche Zuflüsse gehören, die grundsätzlich nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen.

Beispiel
Ihr Verein macht einen Spendenaufruf, um das Vereinsvermögen aufzustocken und das Corona-Loch zu stopfen. Spenden zur Aufstockung des Vermögens, unterliegen grundsätzlich nicht der zeitnahen Mittelverwendung (§ 62 Abs. 3 Nr. 3 AO).

Gleiches gilt für „Zuwendungen von Todes wegen“, also Erbschaften und Vermächtnisse oder Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören, wie beispielsweise zum Grundvermögen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des AEAO Nr. 30 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO gehören zu den zu berücksichtigenden Einnahmen „auch solche Zuflüsse, die grundsätzlich nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen, z. B. Zuwendungen in das Vermögen der Körperschaft (§ 62 Abs. 3 AO)“.

Weiter wird darauf hingewiesen, dass auch hier das Zuflussprinzip nach § 11 EStG gilt. Das heißt, dass Sie alle Mittel berücksichtigen müssen, die Ihrem Verein im Kalenderjahr zufließen. Nicht zu den Einnahmen in diesem Sinne gehören solche Mittel, für die die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung, zum Beispiel wegen eines Sphärenwechsels, grundsätzlich wiederauflebt, ohne dass dem Verein insoweit Mittel zufließen.

Beispiel
Sie unterhalten ein Studentenwohnheim (= Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr. 1b AO), das Sie aus zeitnah zu verwendenden Mitteln errichtet haben. Wird das Gebäude nun nicht mehr als Studentenwohnheim, sondern als Hotel weitergeführt, liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Es handelt sich somit um einen „Sphärenwechsel“ von einem Zweckbetrieb zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Damit lebt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in Höhe des Verkehrswerts dieses Vermögensgegenstands wieder auf (AEAO Nr. 32 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Sie müssten dies jedoch nicht bei der Ermittlung der 45.000 Euro-Grenze berücksichtigen.

Beachten Sie, dass die Verpflichtung zur Verwendung für satzungsmäßige steuerbegünstigte Zwecke nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO unberührt bleibt. Sie müssen also weiter Ihre satzungsmäßigen Zwecke ausüben, auch wenn Ihr Verein nun von dem Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen ist. Sie können also nicht, über Jahre Mittel ansammeln, ohne dass Sie den steuerbegünstigten Zweck ausüben.

Beispiel
Ein Sportverein erzielt Einnahmen von jährlich rund 20.000 Euro. Da er der zeitnahen Mittelverwendung nicht mehr unterliegt, werden kaum noch Ausgaben getätigt. Die jährlichen Ausgaben entstehen für den Mitgliederrundbrief, die Weihnachtsfeier und die Ehrenamtspauschalen für den Vorstand. Hier wird der steuerbegünstigte Zweck „Sport“ nicht mehr gefördert, sodass die Steuerbegünstigung aberkannt wird.

Ein weiteres Problem, das sich stellen kann, sind Schwankungen bei den Einnahmen. Nicht jedes Geschäftsjahr verläuft gleich gut. Nach Meinung des BMF ist dann in dem Jahr, in dem die Einnahmen des Vereins unter der 45.000-Euro-Grenze bleiben, für sämtliche vorhandene Mittel die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung ausgesetzt.

Wenn beispielsweise in dem darauffolgenden Jahr die Grenze wieder überschritten wird, unterliegen die in den Jahren des Unterschreitens angesammelten und die übrigen zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Mittel nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Diese Mittel werden also nicht einem erfolgreichen Jahr zugerechnet. Leider wurde hier kein Dreijahreszeitraum angesetzt, wie wir ihn aus anderen Bereichen kennen.

Bei Vereinen, die sich der Wissenschaft und Forschung (AEAO Nr. 19 zu § 68 Nr. 9 AO) widmen oder im Bereich der Wohlfahrtspflege (AEAO Nr. 2 zu § 66 AO) tätig sind, wird bei der Finanzierung im Anwendungserlass ein Zeitraum von drei Jahren zugrunde gelegt. Im Bereich der zeitnahen Mittelverwendung ist dies leider nicht der Fall. Damit wird das gesetzgeberische Ziel des „Bürokratieabbaus bei kleineren Vereinen“ (BT-Drs. 19/23551, S. 62) deutlich verfehlt.

Änderung 3: Kooperationen

Kernstück der Gemeinnützigkeitsrechtsreform war die Möglichkeit von Vereinen, gemeinsam Projekte zu realisieren. Grundsätzlich müssen Sie als Verein Ihre Tätigkeit selbst umsetzen (Grundsatz der Unmittelbarkeit, § 57 AO). Nach der neuen Fassung des § 57 Abs. 3 AO kann Ihr Verein seine steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar in diesem Sinne verfolgen, wenn er satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Körperschaft einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht.

Achtung:  Wenn Sie sich auf diese neue Regelung berufen möchten, müssen Sie sich die Steuerbegünstigung Ihrer Kooperationspartner nachweisen lassen. Dies geschieht durch den aktuellen Freistellungs- oder Feststellungsbescheid und die Satzung (AEAO Nr. 9 zu § 57 Abs. 3 AO).

Ob ein Zweckbetrieb vorliegt oder nicht, soll nach dem Willen des Gesetzgebers so ermittelt werden, dass die entsprechenden Voraussetzungen durch die Prüfung der Tätigkeiten der zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind. Damit verbunden ist, dass bei Leistungen, die Sie außerhalb des gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks erbringen, die allgemeinen Regelungen gelten, sodass beispielsweise Leistungen an steuerpflichtige Dritte weiterhin regelmäßig einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen.

Ausschlaggebend für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung ist der Charakter der Tätigkeiten aller Beteiligten, sodass eine isolierende Betrachtung nicht vorgenommen werden darf (AEAO Nr. 10 zu § 57 Abs. 3 AO). Also wurde hier durch den Gesetzgeber eine gänzlich neue Situation geschaffen, sodass mit Spannung auf die Anmerkungen des BMF gewartet wurde.

Den Begriff des „planmäßigen Zusammenwirkens“ erläutert das BMF als das gemeinsame, inhaltlich aufeinander abgestimmte und koordinierte Wirken von zwei oder mehreren steuerbegünstigten Körperschaften, um einen ihrer steuerbegünstigten Satzungszwecke zu verwirklichen. Das Zusammenwirken umfasst dabei alle Tätigkeiten, die geeignet sind, die Verwirklichung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke in Kooperation mit einer anderen Körperschaft zu erfüllen. Auch hier wird ein sehr weiter Begriff zugrunde gelegt, da neben Dienstleistungen auch Nutzungsüberlassungen dazugehören können.

Wichtig:  Wichtig ist hier, dass Ihr Verein sich selbst arbeitsteilig zur Verwirklichung des steuerbegünstigten Zweckes betätigt. Eine bloße Vergabe von Aufträgen für ein Projekt ohne Eigenleistung in diesem Projekt ist beispielsweise nicht ausreichend. Damit wird auch eine erhöhte Anforderung an die Dokumentation verbunden sein. Das heißt, dass Sie im Rahmen Ihres Tätigkeitsberichtes ausführlich darstellen müssen, welche Bereiche Sie bei einem gemeinsamen Projekt umgesetzt haben.

Bei dem planmäßigen Zusammenwirken wird seitens der Finanzverwaltung im Übrigen auch keine Wiederholungsabsicht oder finanzielle Eingliederung gefordert.

Anforderungen an die Satzungsgestaltung bei Kooperationen

Auch die Frage, welche Anforderungen an die Satzung zu stellen sind, die sich durch dieses „planmäßige Zusammenwirken“ ergeben, hat der neue AEAO beantwortet. Nach der neuen Regelung in AEAO Nr. 8 zu § 57 Abs. 3 AO muss das Zusammenwirken mit anderen Körperschaften zur Verwirklichung des eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecks in der Satzung als Art der Zweckverwirklichung festgehalten sein. Auch die Körperschaften, mit denen Sie kooperieren möchten, und die Art und Weise der Kooperation müssen Sie in Ihrer Satzung bezeichnen.

Achtung:  Diese Anforderung an die Satzung ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung und stellt eine erhebliche Herausforderung dar, da Satzungen immer angepasst werden müssen, wenn der Kooperationspartner wechselt. Damit wird die Möglichkeit der Zusammenarbeit deutlich erschwert! Dies gilt insbesondere, wenn vorher ausgeführt wird, dass eine „Wiederholungsabsicht“ nicht erforderlich ist. Eine entsprechende Satzungsregelung könnte wie folgt aussehen:

Formulierungsbeispiel
§ XY Zweck des Vereins

1. Zweck des Vereins ist die Förderung von Kunst und Kultur.
2. Der Zweck wird insbesondere verwirklicht durch Kooperationen mit anderen steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere dem Musterverein e. V. Mit dem Musterverein e. V. betreibt der Verein die Ausstellungsreihe XYZ dahin gehend, dass der Verein seine Ausstellungsräume zur Verfügung stellt.

Eine weitere Anforderung stellt sich hier dadurch, dass die Kooperation in die Satzungen aller Beteiligten aufgenommen werden muss (AEAO Nr. 8 zu § 57 Abs. 3 AO). Sie müssen daher einerseits die Satzungen aller Beteiligten aufeinander abstimmen. Andererseits sollten Sie anstehende Satzungsänderungen vor der Eintragung in das Vereinsregister auch mit dem Finanzamt abstimmen, um ggf. bestehende Unklarheiten beseitigen zu können.

Manchmal geht es nicht ohne Kapitaleinsatz. Das heißt, dass Sie vielleicht auch bei dem planmäßigen Zusammenwirken Wirtschaftsgüter einbringen müssen. In AEAO Nr. 11 zu § 57 Abs. 3 AO wird betont, dass die im Zweckbetrieb oder im ideellen Bereich eingesetzten Wirtschaftsgüter, wie zum Beispiel Grundstücke, auch bei den zusammenwirkenden Körperschaften dem Zweckbetrieb bzw. dem ideellen Bereich zuzuordnen sind.

Diese Wirtschaftsgüter können Sie deshalb mit zeitnah zu verwendenden Mitteln finanzieren und müssen keine Rücklage anzapfen. Dies betrifft auch die Finanzierung von Wirtschaftsgütern, die sie einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft in einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO zur Nutzung überlassen oder im Zusammenwirken mit einer anderen gemeinnützigen Körperschaft einsetzen. Trotz dieser Erleichterungen hält die Finanzverwaltung im Bereich der Kooperationen aber insgesamt ein dickes Brett zum Bohren für Sie bereit.

Änderung 4: Holdingstrukturen

Eine weitere praxisrelevante Neuerung hat der Gesetzgeber mit der Möglichkeit von „Holdingstrukturen“ in § 57 Abs. 4 AO geschaffen. Danach wird durch das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften auch der Grundsatz der Unmittelbarkeit erfüllt (Holdingstrukturen).

Beispiel
Ein Kindergartenverein lagert den Betrieb des Kindergartens auf eine gGmbH aus. Auch wenn der Verein zukünftig keine eigene Geschäftstätigkeit mehr ausüben würde, würde dies für die Steuerbegünstigung ausreichen. Selbst die Beteiligung an nur einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft, hier der gGmbH, würde ausreichen (AEAO Nr. 12 zu § 57 Abs. 4 AO). Auch ist keine Mindestbeteiligungsquote erforderlich.

Das schließt aber nicht aus, dass eine solche steuerbegünstigte Holdinggesellschaft auch Anteile an steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften halten kann. Die übrigen Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO, insbesondere die Grundsätze der Selbstlosigkeit und der Ausschließlichkeit (§§ 55, 56 AO), müssen dennoch vorliegen.

Diese Beteiligung, die Sie dann nach § 57 Abs. 4 AO zur unmittelbaren Verfolgung der eigenen steuerbegünstigten Zwecke an einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft halten und verwalten, wird dem ideellen Bereich zugeordnet, wenn die steuerbegünstigten Zwecke der gehaltenen Beteiligungsgesellschaft in Ihren steuerbegünstigten Zwecken enthalten sind. Die Einnahmen aus dieser Beteiligung sind dann keine Einnahmen der Vermögensverwaltung, sondern Einnahmen im ideellen Bereich.

Positives hält die Finanzverwaltung für Sie auch bezüglich der Finanzierung bereit. Bei den Anteilen an

der steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft handelt es sich um sogenanntes nutzungsgebundenes Vermögen (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 AO). Damit wird der Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel ermöglicht. Die Ausgliederung von Zweckbetrieben auf eine steuerbegünstigte Kapitalgesellschaft, bei der die übertragende Körperschaft als Gegenleistung Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft erhält und die Beteiligung bei der übertragenden Körperschaft dem ideellen Bereich zugeordnet wird, führt damit nicht zu einem Wiederaufleben der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung.

Wenn Sie den Schritt gehen und dann als sogenannte „Holdinggesellschaft“ entgeltliche Leistungen, wie beispielsweise die Buchführung gegenüber den Kapi­talgesellschaften ausführen, an denen Sie beteiligt sind, sind diese Leistungen grundsätzlich als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu qualifizieren.

Änderung 5: Mittelweitergabe

iele Vereine sind nicht nur selbst tätig, sondern unterstützen auch andere Vereine. Auch diesbezüglich wurden die Regelungen neu gefasst. Neu aufgenommen wurde, dass Vereine nun nicht mehr gehalten sind, auf die Höhe der Weitergabe zu achten. Bis zur Gesetzesänderung war es Vereinen nur möglich, ihre Mittel teilweise weiterzugeben, wenn sie keine spezielle Satzungsregelung zur Weitergabe hatten.

Da Sie steuerbegünstigt sind, dürfen Sie Ihre Mittel aber nur an bestimmte Organisationen weitergeben. Als Mittelempfänger kommen zum einen inländische steuerbegünstigte Körperschaften in Betracht. Hierunter fallen alle anderen steuerbegünstigten Vereine, Stiftungen oder auch gGmbHs, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.

Auch in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz aufgeführte Körperschaften (beschränkt steuerpflichtige Körperschaften aus EU-/EWR-Staaten) kommen infrage. Eine beschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn diese inländische Einkünfte erzielen, aber weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland besteht.

Zulässig sind weiters inländische und ausländische juristische Personen des öffentlichen Rechts. Das heißt: Sie können die Mittel auch an Ihre Stadt oder eine städtische Einrichtung weitergeben. Diese muss auch nicht in Deutschland sein!

Beispiel
Ein Verein, welcher die Kunst und Kultur fördert, entschließt sich, das städtische Theater zu unterstützen, was unproblematisch möglich ist.

Auch an ausländische Körperschaften, die nicht beschränkt steuerpflichtig sind und bei denen die spätere Verwendung der Mittel für steuerbegünstigte Zwecke ausreichend nachgewiesen wird, können Vereine ihre Mittel weitergeben. Hier gilt: Wenn Sie Ihre Zwecke im Ausland verwirklichen, ist dies möglich, wenn die steuerbegünstigte Verwendung nachgewiesen wird. Aber Achtung: Gerade bei Sachverhalten mit Auslandsbezug stellen die Finanzämter erhöhte Anforderungen an die Nachweise bezüglich der Mittelverwendung.

Schließlich kommen auch beschränkt steuerpflichtige Körperschaften aus Nicht-EU- bzw. -EWR-Staaten, bei denen die spätere Verwendung der Mittel für steuerbegünstigte Zwecke ausreichend nachgewiesen wird, als Mittelempfänger in Betracht. Eine beschränkte Steuerpflicht besteht, wenn inländische Einkünfte bestehen, aber weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland besteht.

Der Anwendungserlass erläutert auch gleichzeitig, was unter dem Begriff der „Mittel“ zu verstehen ist. Nach AEAO Nr. 1 zu § 58 AO sind Mittel nicht nur Bar- oder Buchgeld, sondern auch alle anderen Vermögenswerte. Auch die Nutzungsüberlassung oder Erbringung einer Dienstleistung unterfallen dem Begriff der Mittel.

Beispiel
Ein Verein bietet für andere gemeinnützige Vereine kostenlose Qualifizierungen für Ehrenamtliche an. Auch wenn hier kein Geld fließt, handelt es sich um eine Mittelweitergabe.

Hier stellen sich für Sie Abgrenzungsfragen, die ebenfalls beantwortet werden. Sofern die Nutzungsüberlassungen oder die Erbringungen von Dienstleistungen Gegenstand einer Kooperation sind, Sie also „planmäßig und satzungsmäßig zusammenwirken“, sind also die Regelungen des § 57 Abs. 3 AO zu beachten.

Beispiel
Zwei Kulturvereine kooperieren im Sinne des § 57 Abs. 3 AO. Während ein Verein Räumlichkeiten in seinem Vereinsheim zur Verfügung stellt, nutzt der andere diese Räumlichkeiten für eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst.

Nach § 58 Nr. 5 AO ist die Überlassung der Räumlichkeiten eine steuerunschädliche Betätigung. Wenn hier jedoch ein planmäßiges Zusammenwirken der beiden Vereine besteht, sieht die Finanzverwaltung das entsprechend § 57 Abs. 3 AO als die speziellere Norm an, sodass die dort aufgenommenen Voraussetzungen zu erfüllen sind.

Änderung 6: Der Förderverein

Vor dem Jahressteuergesetz 2020 wurde zwischen dem klassischen Förderverein, dessen Tätigkeit sich in der Mittelbeschaffung erschöpfte, und einem Verein, der nur „teilweise“ seine Mittel weitergab, unterschieden. Diese Unterscheidung wurde durch das neue Gesetz beseitigt. Damit können auch Vereine, die bislang keine Satzungsklausel für eine Mittelweitergabe hatten, unbeschränkt ihre Mittel weitergeben. Im Anwendungserlass wurden nunmehr auch die Anforderungen an die Satzung im Hinblick auf die Regelungen zur Mittelweitergabe festgehalten.

1. Mittelweitergabe ist kein eigenständiger steuerbegünstigter Zweck

Wenn Sie Mittel weitergeben, handelt es sich um eine Art der Zweckverwirklichung und nicht um einen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck. Sie müssen daher den steuerbegünstigten Zweck weiter in der Satzung separat angeben.

Beispiel
Ein Sportverein möchte selbst gar nicht mehr aktiv sein, da die meisten Mitglieder alt sind. Daher beschließt die Mitgliederversammlung, die Satzung zu ändern und dort aufzunehmen, dass der neue Zweck „die Mittelweitergabe an andere Vereine“ sein soll.

Dies wäre so nicht möglich. Aus der Satzung muss ein steuerbegünstigter – also ein gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher – Zweck ersichtlich sein. Wenn Ihr Verein jedoch nur Mittel weitergeben möchte, also gar nicht mehr selbst aktiv ist, muss dies ausdrücklich in der Satzung benannt werden. Die Finanzverwaltung spricht dann von einer „Förderkörperschaft“. Es ist nicht erforderlich, die Körperschaften, an die Sie Mittel weitergegeben möchten, in der Satzung aufzuführen.

2. Mehrere Zwecke in der Satzung, aber unterschiedliche Verwirklichung

Es muss nicht nur ein steuerbegünstigter Zweck sein, den Sie verwirklichen. Wenn Sie hier einen Satzungszweck unmittelbar verfolgen und einen weiteren Satzungszweck ausschließlich durch Mittelweitergabe verwirklichen möchten, müssen Sie sowohl die unmittelbare Zweckverfolgung als auch die Mittelweitergabe in Ihrer Satzung abbilden.

Beispiel
Ein Verein, der satzungsmäßig die Zwecke Sport und Kultur fördert, aber nur den Zweck Sport unmittelbar und den Zweck Kultur durch Mittelweitergabe verwirklicht, muss auch die Förderung des Zwecks Kultur durch Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in seiner Satzung aufnehmen.

Wenn Sie jedoch einen Zweck sowohl unmittelbar als auch durch Mittelweitergabe verwirklichen möchten, ist eine Satzungsklausel zur Mittelweitergabe nicht erforderlich.

Beispiel
Ein Verein, der satzungsmäßig den Zweck Sport fördert und dort tätig ist und auch den Zweck Sport durch Mittelweitergaben verwirklicht, muss die Mittelweitergabe nicht gesondert in seiner Satzung aufnehmen.

Häufig finden sich jedoch in den Satzungen Formulierungen wie die folgende.

Formulierungsbeispiel
§ 2 Zweck

Zweck des Vereins ist die Förderung des Sports.
Der Zweck wird insbesondere verwirklicht durch:
Durchführung von sportlichen Wettkämpfen,
Abhaltung von sportlichen Übungen,
(…)
Die finanzielle Förderung von anderen (Sport-)Vereinen,
(…).

Hier haben Sie die „finanzielle Förderung von anderen (Sport-) Vereinen aufgenommen, sodass Sie anhand Ihrer Satzung nachweisen können, dass Sie diese Förderung auch ausüben können.

3. Keine Zweckidentität erforderlich

Nach Auffassung des BMF (AEAO Nr. 3 zu § 58 
Nr. 1 AO) müssen die Zwecke des gebenden Vereins und der empfangenden Körperschaft im Übrigen nicht identisch sein. Ein Sportverein könnte damit beispielsweise auch einen Kulturverein finanziell unterstützen, ohne dass dies in der Satzung aufgenommen sein muss.

Achtung:  Auch wenn dies steuerlich unschädlich ist, kann es vereinsrechtlich zu Problemen führen. Ihre Mitglieder sind dem Verein beigetreten, da Sie einen bestimmten Zweck verfolgen, beispielsweise den Sport. Wenn Sie nun als Vorstand beschließen, einen Kulturverein finanziell zu unterstützen, kann dies zu Problemen mit den Mitgliedern führen.

Änderung 7: Vertrauensschutzregelung

Neu eingeführt wurde mit § 58a AO eine Vertrauensschutzregelung. Geben Sie Mittel weiter, dürfen Sie darauf vertrauen, dass der Empfänger steuerbegünstigt ist und auch die Mittel, die er erhalten hat, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. Dieses Vertrauen ist aber nur geschützt, wenn Sie sich vor der Mittelweitergabe vergewissern, dass Ihr Empfänger auch tatsächlich steuerbegünstigt ist.

Dies müssen Sie sich nachweisen lassen durch die Vorlage entsprechender Dokumente. Der Gesetzgeber macht hier auch Vorgaben. Sie müssen sich zum Zeitpunkt der Mittelweitergabe eine (elektronische) Kopie der folgenden Dokumente vorlegen lassen:

  • Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid, dessen Datum nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder
  • Freistellungsbescheid, dessen Datum nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, oder
  • Bescheid über die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Absatz 1, dessen Datum nicht länger als drei Jahre zurückliegt, wenn der empfangenden Körperschaft bisher kein Freistellungsbescheid oder keine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde.

In AEAO Nr. 1 zu § 58a AO wird nun darauf hingewiesen, dass diese Vertrauensschutzregelung für alle Mittelzuwendungen eines steuerbegünstigten Vereins an andere, ebenfalls steuerbegünstigte Körperschaften anzuwenden ist. Sie soll auch für die Vermögensbindungsklausel gelten, das heißt, wenn Ihr Verein aufgelöst wird und das verbleibende Vermögen an eine andere Organisation übertragen werden soll.

Wenn Sie jedoch Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke tätigen, müssen Sie sich keinen Nachweis vorlegen lassen.

Änderung 8: Feststellungsverfahren

Die letzte Änderung, die wir hier vorstellen, betrifft die Feststellung der Gemeinnützigkeit. Neu gegründete Vereine können dem Finanzamt nur ihre Satzung vorlegen, um nachweisen zu können, dass sie steuerbegünstigte Zwecke verfolgen. Der Gesetzgeber hatte hier bereits 2013 ein gesondertes Feststellungsverfahren geschaffen, das die formelle Satzungsmäßigkeit zum Gegenstand hat. Nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut durfte das Finanzamt nur auf die Satzung schauen. Der Gesetzgeber hatte also dem Finanzbeamten „Scheuklappen“ angelegt.

Dass dies dem Finanzamt oft nicht reicht und es versucht, weitere Hinweise auf die Tätigkeit des Vereins zu finden, ist nachvollziehbar. Dabei schauten sich die Finanzbeamten gerne auch den Internetauftritt des Vereins an, was in der Praxis zu Gerichtsverfahren führte, in welchen Vereine gegen das Finanzamt gewannen.

Beispiel
Ein Verein, der die Religion förderte, hatte einen „Hass­prediger“ zu einem Vortrag eingeladen. Dies war auf der Homepage des Vereins zu lesen. Gleichzeitig lag ein Antrag auf Erteilung des Feststellungsbescheides auf dem Schreibtisch des Finanzbeamten, den er – im Hinblick auf die Erkenntnisse aus seiner Internetrecherche – ablehnte.

Dies tat er nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg allerdings zu Unrecht (Urteil vom 05.03.2018, Az. 10 K 3622/16). Das Gericht meinte, eine Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) sei in § 60a AO nicht vorgesehen. Die Tatsachenermittlung bleibt dem Veranlagungsverfahren vorbehalten.

Diese Lücke hat nun der Gesetzgeber geschlossen und festgehalten, dass solche Erkenntnisse auch bei dem Feststellungsverfahren berücksichtigt werden können. Das BMF weist darauf hin, dass die tatsächliche Geschäftsführung grundsätzlich kein Prüfungsgegenstand im Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO ist. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass keine Prüfung stattfinden wird. Wenn der Finanzbeamte Anhaltspunkte sieht, die einer Steuerbegünstigung entgegenstehen, wird er dies berücksichtigen.

Fazit für die Vereinspraxis

Das Recht der steuerbegünstigten Vereine bleibt in Bewegung. Dies geschieht auch durch immer wieder neue Entscheidungen der Finanzgerichte, die neue Impulse geben. Die Finanzverwaltung versucht, am Ball zu bleiben. Sie als Vereinsvorstand sollten dies ebenfalls tun und nicht nur staunend am Spielfeldrand stehen.

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