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Die 7 häufigsten Praxisfragen rund um die gesetzliche Neuregelung zu Mitgliederversammlung und Amtszeit des Vorstands

22.05.2023
Aufgrund der besonderen Situation während der Corona-Pandemie galten bis Mitte 2022 einige gesetzliche Sonderregeln, die Vereinen das Leben in dieser schwierigen Zeit leichter machen sollten. So waren zum Beispiel Online-Versammlungen auch ohne Satzungsgrundlage möglich und die Amtszeit des Vorstands verlängerte sich automatisch, auch ohne Neuwahlen. Mit dem 31. August 2022 liefen diese Sonderregeln aus. Dafür hat der Gesetzgeber 2023 das BGB geändert und festgelegt, dass virtuelle und hybride Versammlung auch ohne entsprechende Satzungsregelung stattfinden können. Doch nun häufen sich die Praxisfragen zu diesem wichtigen Thema. Hier sind die häufigsten Fragen und die rechtssicheren Antworten darauf.

Mit Corona wurde alles anders

In der Zeit vor Corona galt für die Beschlüsse und die Einladung bzw. Durchführung Ihrer Mitgliederversammlung ausschließlich das, was Ihre Satzung regelte. Lücken in der Satzung wurden automatisch durch die jeweils geltende gesetzliche Regelung gefüllt. Dann kam Corona und der Gesetzgeber legte eilig fest, dass der Vorstand automatisch im Amt bleibt, bis ein neuer gewählt wird. Damit sollte eine vorstandsfreie Zeit verhindert werden, falls Mitgliederversammlungen nicht stattfinden konnten, die Amtszeit des Vorstands aber satzungsgemäß endete.

Ebenso waren plötzlich schriftliche Beschlüsse möglich. Ihre Mitglieder konnten – vereinfacht ausgedrückt – per Brief abstimmen. Und auch virtuelle Mitgliederversammlungen und hybride Versammlungen waren zulässig, ohne dass Ihre Satzung dies ausdrücklich vorsah. Letzteres wurde durch eine Änderung im BGB im März dieses Jahres zwar auch für die Zukunft möglich gemacht. Aber was ist mit allen anderen Regelungen? Was gilt jetzt noch und was nicht? Hier sind die Antworten für Sie!

Frage 1: „Bleibt der Vorstand jetzt noch automatisch im Amt?“

Im Vereinsrecht gilt der Grundsatz: Die Amtszeit des Vorstands bestimmt sich nach der Satzung. Der Gesetzgeber sieht hierzu nämlich keine Regelung vor. Deshalb ist auch eine lebenslange Amtszeit möglich. Ob diese sinnvoll ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Wenn Ihre Satzung zum Beispiel vorsieht, dass der Vorstand „für zwei Jahre“ gewählt wird, so gilt hier eine taggenaue Betrachtung. Angenommen, der Vorstand wird am 15. August 2023 gewählt, dann endet seine Amtszeit mit Ablauf des 16. August 2025, egal, ob gewählt wird oder nicht. Wird nicht gewählt, wäre der Verein anschließend handlungsunfähig.

Für die Zeit während Corona galt nun automatisch die Regelung, dass der Vorstand so lange im Amt blieb, bis ein neuer Vorstand gewählt wurde. Damit sollte eine vorstandslose Zeit und damit eine Handlungsunfähigkeit des Vereins während der Pandemie verhindert werden. Nach dem 31. August 2022 ist nun wieder allein Ihre Satzung entscheidend.

Wichtig:  Das heißt, wenn sich die Amtszeiten Ihrer Vorstandsmitglieder automatisch bis zu einer Neuwahl verlängern sollen, muss Ihre Satzung eine Klausel wie die folgende enthalten: „Der Vorstand bleibt im Amt, bis ein neuer Vorstand gewählt worden ist.“ Fehlt dieser Satz, ist definitiv nach dem in der Satzung genannten Zeitraum für die Amtszeit des Vorstands Schluss. Nehmen Sie also unbedingt eine solche Regelung in Ihre Satzung auf, um eine vorstandslose Zeit zu verhindern.

Diese Regelung besagt übrigens nicht, dass ein Vorstandsmitglied nicht zurücktreten darf. Ein Rücktritt ist weiterhin ohne Probleme möglich. Das Amt endet also auch weiterhin in dem Moment, in dem der Rücktritt gegenüber einem anderen Mitglied des geschäftsführenden Vorstands erklärt wird.

Tipp:  Nun kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass während der laufenden Amtszeit Vorstandsmitglieder „verloren“ gehen, sei es wegen eines Rücktritts oder einer Krankheit usw. Damit der Vorstand personell nicht ausblutet oder eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden muss, empfehle ich Ihnen, zusätzlich folgende Regelung zur Selbstauffüllung des Vorstands in die Satzung aufzunehmen.

Formulierungsbeispiel
Scheidet ein Vorstandsmitglied vor Ablauf seiner Amtszeit aus, ist der verbleibende Vorstand berechtigt, ein Vorstandsmitglied bis zur anstehenden turnusgemäßen Neuwahl durch die ordentliche Mitgliederversammlung kommissarisch zu berufen.

Frage 2: „Wie lange läuft das Amt ohne Neuwahl weiter?“

Steht in Ihrer Satzung: „Der Vorstand bleibt bis zur Neuwahl im Amt“, läuft seine Amtszeit praktisch unbegrenzt weiter.  Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein mit Urteil vom 29. Juni 2022 (Az. 12 U 137/21) entschieden. Theoretisch können Sie damit als Vorstand sogar ganz darauf verzichten, Neuwahlen anzusetzen. Allerdings ist die Mitgliederversammlung nicht machtlos. Denn die Mitglieder können Neuwahlen einfordern. Hierzu hat sie zwei Möglichkeiten:

1. Die Mitglieder verlangen im Rahmen eines sogenannten Minderheitenbegehrens (§ 37 BGB) die Einberufung einer (außerordentlichen) Mitgliederversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Neuwahl des Vorstands“. Mit der Neuwahl endet dann automatisch  die „überlange“ Amtszeit des noch amtierenden Vorstands.

2. Die Mitglieder beschließen in einer Mitgliederversammlung, dass der Vorstand neu gewählt wird. In diesem Fall sind allerdings keine spontanen Wahlen noch in dieser Mitgliederversammlung möglich. Denn Neuwahlen hätten in der Einladung bzw. Tagesordnung zu dieser Versammlung benannt werden müssen. Die Mitglieder können aber beschließen, dass eine (außerordentliche) Mitgliederversammlung zum Thema „Neuwahl des Vorstands“ bis zu einem bestimmten Datum stattfindet.

Frage 3: „Wir haben nach dem 31. August 2022 ohne Satzungsgrundlage eine virtuelle Versammlung abgehalten: Sind die Beschlüsse trotzdem gültig?“

Haben Sie in der Zeit zwischen 1. September 2022 und dem 18. März 2023 virtuell getagt, obwohl Ihre Satzung eine Online-Versammlung (oder auch eine hybride Versammlung) nicht vorsieht, haben Sie schon bei der Einladung zu der Versammlung einen schwerwiegenden Ladungsfehler begangen. Dort getroffene Beschlüsse sind dann ohne Wenn und Aber angreifbar. Aber: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Beispiel
Obwohl Ihre Satzung keine Online- oder Hybrid-Versammlungen vorsieht, haben Sie die Corona-Praxis fortgeführt und am 15. Dezember 2022 hybrid getagt. Auf dieser Versammlung wurde ein neuer Vorstand gewählt und weitere Beschlüsse gefasst. Die Folge: Die Beschlüsse sind anfechtbar. 

Aber: Hat kein Mitglied die Wahl angefochten und das Amtsgericht hat den neuen Vorstand eingetragen, wurde die Neueintragung also nicht aufgrund des Mangels zurückgewiesen, können Sie sich entspannt zurücklehnen und sich auf die Beschlussfassung verlassen. Denn nach der gängigen Rechtsprechung können Mitglieder Beschlüsse nur innerhalb einer kurzen Frist (zwei bis vier Monate, je nach Gericht) anfechten. Denn Mitglieder haben gegenüber dem Verein eine Treuepflicht.

In dem oben bereits erwähnten Fall des OLG Schleswig-Holstein (Urteil vom 29.06.2022, Az. 12 U 137/21) wollte ein Mitglied die Unwirksamkeit einer Vorstandswahl feststellen lassen. Die Wahl lag aber bereits einige Zeit zurück (hier zwei Jahre). Das war definitiv zu lang. 

Ein neues Urteil geht sogar von einer Frist von nur vier Wochen aus (OLG Hamm, Urteil vom 01.03.2021, Az. 8 U 61/20). Dem haben sich allerdings bislang keine anderen Gerichte angeschlossen. Nehmen Sie maximal sechs Monate als Höchstmarke. 

Generell gilt damit: Lässt sich ein Mitglied zu viel Zeit, dürfen Sie als Vorstand getrost davon ausgehen, dass das Mitglied bzw. die Mitglieder die Maßnahme bzw. die Beschlüsse akzeptiert haben.

Tipp:  Wollen Sie ganz auf Nummer sicher gehen, lassen Sie die Beschlüsse von solchen unzulässigen Versammlungen auf der nächsten, dann ordnungsgemäßen Mitgliederversammlung noch einmal nachholen.

Frage 4: „Sind schriftliche Beschlussfassungen jetzt noch möglich?“

Während Corona konnten Sie Beschlüsse durch die Mitglieder auch schriftlich herbeiführen lassen. In diesem Fall mussten Sie alle Mitglieder mit der Entscheidungsfrage anschreiben, einen Stimmzettel beilegen und einen Termin setzen, bis zu dem die schriftliche Antwort zurückgeschickt sein musste. Wenn mindestens 50 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder an dieser Abstimmung teilgenommen hatten, war der Beschluss gültig.

Mit dem 31. August 2022 ist auch diese Regelung ausgelaufen. Das heißt nun aber nicht, dass Sie keine schriftlichen Beschlüsse mehr fassen können. Allerdings ist die Hürde deutlich höher. Denn nun gilt ausschließlich wieder das BGB, genauer gesagt § 32 Absatz 3 BGB. Dieser besagt: Sie können schriftlich abstimmen lassen, müssen also keine Mitgliederversammlung einberufen, jedoch ist der Beschluss nur gültig, wenn alle Mitglieder schriftlich zustimmen, also eine Ja-Stimme abgeben.

Diese Regelung ist allerdings – außer vielleicht für sehr kleine Vereine – völlig unpraktikabel, denn Sie schreibt damit die Einstimmigkeit als Wirksamkeitsvoraussetzung für schriftliche gefasste Beschlüsse vor. Und das bedeutet auch, dass

  • ausnahmslos alle Mitglieder eines Vereins an der schriftlichen Abstimmung teilnehmen,
  • keiner sich enthält,
  • keiner gegen den Beschluss stimmt 
  • und alle dem Beschluss auch noch schriftlich zustimmen, also mit qualifizierter elektronischer Signatur, nicht per E-Mail. 

Bei den meisten Vereinen wird es schon ein unüberbrückbares Problem darstellen, dass alle Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Oft können gar nicht erst alle Mitglieder ausfindig gemacht und angeschrieben werden. Manche werden unbekannt verzogen sein. Doch wenn nur einer seine Zustimmung nicht zurückschickt, ist die Beschlussfassung hinfällig.

Tipp:  Sie können in Ihrer Satzung aber natürlich auch etwas anderes regeln. Möglich wäre zum Beispiel eine Regelung wie diese, die anders als jene aus der Zeit von Corona auch ohne eine 50-prozentige Beteiligung auskommt.

Formulierungsbeispiel
In Eil- und Dringlichkeitsfällen kann der Vorstand eine schriftliche Beschlussfassung durchführen. Die Mitglieder des Vereins erhalten die schriftliche Beschlussvorlage mit der Möglichkeit, mit Ja oder Nein oder Enthaltung zu antworten. Der Vorstand setzt eine Frist von mindestens 14 Tagen für die Rücksendung der Stimmkarte. Diese muss auf dem Postweg zurückgesandt werden. Für die Feststellung der Rechtzeitigkeit der Rücksendung ist der Poststempel maßgeblich. Die Frist beginnt drei Werktage nach Aufgabe der Sendung durch den Vorstand an die Vereinsmitglieder.
Laut § X ist die Mitgliederversammlung beschlussfähig, wenn mindestens zehn Prozent der Mitglieder an der Versammlung teilnehmen. Die schriftliche Beschlussfassung ist dann gültig, wenn zehn Prozent der Mitglieder fristgemäß geantwortet haben.

Frage 5: „Brauchen wir trotz des neuen § 32 BGB noch eine Satzungsregelung für virtuelle Versammlungen?“

Der neue § 32 Absatz 2 BGB ermöglicht es Vereinen wie bereits erwähnt seit dem 18. März 2023, hybrid oder virtuell zu tagen, ohne dass die Satzung dies vorsieht. Der Haken: Die Mitglieder können über die Form der Versammlung allein entscheiden. Denn in Absatz 2 des neuen § 32 BGB heißt es genauer:

„Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung).

Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Das heißt: Die Mitglieder können beschließen, wie getagt wird. Das ist eine nicht ganz unproblematische Regelung, denn damit wird Ihre Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit als Vorstand eingeschränkt. Deshalb sollten Sie sich auf diese Regelung nicht verlassen, sondern eine eigene Satzungsregelung formulieren. Damit stellen Sie sicher, dass nur das Einberufungsorgan laut Satzung die Entscheidung darüber trifft, ob die Mitgliederversammlung als Hybridveranstaltung durchgeführt werden soll. In der Regel ist das zuständige Organ der Vorstand.

Tipp:  Vorschläge hierzu finden Sie im Beitrag „So gestalten Sie Ihre Online- und Hybridmitgliederversammlungen rechtssicher“ unter www.vereinswelt.de

Das ist wichtig, wenn Sie „nur“ der gesetzlichen Regelung vertrauen

Wenn Sie keine eigene Regelung in Ihre Satzung aufnehmen möchten und rein auf die gesetzliche Regelung vertrauen, müssen Sie die genauen Voraussetzungen für die Durchführung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen kennen und beachten. In § 32 Absatz 2 BGB steht ja, dass die Mitglieder vor einer rein virtuellen Mitgliederversammlung beschließen müssen, dass virtuelle Mitgliederversammlungen stattfinden dürfen. 

Wenn Sie darauf setzen, ergibt sich daraus folgender Ablauf, um zur virtuellen Mitgliederversammlung zu kommen:

  • Der Verein muss erst eine Mitgliederversammlung entweder als Präsenzveranstaltung oder als hybride Mitgliederversammlung einberufen.
  • In dieser Versammlung muss ein Beschluss gefasst werden, dass zukünftig Mitgliederversammlungen auch als rein virtuelle Mitgliederversammlungen stattfinden können.
  • Dieser Beschluss gilt so lange, bis die Mitglieder etwas anderes beschließen oder Sie eine eigene Satzungsregelung zum Thema in die Satzung aufgenommen haben.

Wichtig:  Beachten Sie beim Ablauf auch die weiteren Vorschriften für eine korrekte Beschlussfassung. Das heißt: Der Beschluss muss vorher in der Einladung zur Mitgliederversammlung aufgeführt worden sein. Der Beschluss selbst kann dann mit der Mehrheit gefasst werden, die nach der Vereinssatzung für einfache Beschlüsse gilt.

Frage 6: „Mitglieder müssen erfahren, wie die Mitgliederrechte ausgeübt werden können: Wie heißt das?“

Egal, ob Sie eine virtuelle oder hybride Mitgliederversammlung durchführen: Bei der Berufung der Versammlung müssen Sie immer angeben, wie die Mitglieder im Wege der elektronischen Kommunikation ihre Rechte ausüben können. So steht es im neuen § 32 BGB. Dies bedeutet nichts anderes, als dass Sie den Mitgliedern in der Einladung zur Versammlung auch mitteilen müssen, wie die virtuelle Teilnahme und Abstimmung technisch gestaltet ist. Es geht also um die nötigen Informationen in puncto Internetadresse, Passwort, Abstimmungssoftware etc. Was genau umfasst ist, ist unterschiedlich, denn jeder Verein setzt ja auf andere Verfahren und Software.

Das Gesetz macht diesbezüglich keine Vorgaben, sondern wurde bewusst technikoffen gestaltet. Das heißt, dass im Grunde für den Weg der Kommunikation jede Technik möglich ist. Sie können die Versammlung über Internet, einen Chatraum, aber auch als Videokonferenz stattfinden lassen. Auch zukünftige Techniken, die es vielleicht noch gar nicht gibt, sind damit zulässig.

Achtung:  Egal, welche technische Lösung Sie wählen, wichtig ist nur, dass die Mitglieder sämtliche nach der Satzung in der Mitgliederversammlung bestehenden Mitgliederrechte auch bei der Teilnahme per elektronischer Kommunikation ausüben können. Das sind normalerweise zumindest Stimmrecht und Rederecht. Das heißt: Wenn Sie eine virtuelle oder hybride Versammlung durchführen, müssen Sie das Rederecht der Mitglieder immer beachten. Sie dürfen es nicht außen vor lassen oder „unterdrücken“, so das Amtsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 23. März 2021 (Az. VR 3058).

Im entschiedenen Fall hatte der Versammlungsleiter während der nur online stattfindenden Versammlung die Liste der Redner geschlossen, bevor überhaupt eine Wortmeldung möglich war. Gegenanträge zu den zu beschließenden TOPs waren damit unmöglich. Für das Amtsgericht Düsseldorf war das ein Unding, und es entschied entsprechend zugunsten der Klage eines empörten Mitglieds. Die Beschlüsse der Versammlung waren damit anfechtbar.

Ferner müssen Sie bei virtuellen Versammlungen sicherstellen, dass auch die per elektronischer Kommunikation teilnehmenden Mitglieder der gesamten Versammlung und allen Redebeiträgen folgen können. Und schließlich muss über die Versammlung ein Protokoll genauso aufgenommen werden, wie es in der Satzung vorgegeben wird. Statt eines Protokolls einfach ein Video der gesamten Veranstaltung beizufügen, reicht nicht aus.

Frage 7: „Welche Punkte sind in unserer Satzung jetzt grundsätzlich sinnvoll?“

Der neue § 32 BGB hat in allen Vereinen den Weg frei gemacht für virtuelle oder hybride Mitgliederversammlungen. Welcher Nachteil mit der Neureglung einhergeht, wurde oben bereits dargestellt. (Stichwort: Die Mitglieder entscheiden.) Daher kann es sinnvoll sein, die gesetzliche Regelung durch zu Ihrem Verein passende Satzungsregelungen zu „überschreiben“. Im folgenden finden Sie daher einige Formulierungsvorschläge für die verschiedenen möglichen Konstellationen.

Möglicherweise möchten Sie Mitgliedern die Teilnahme auf virtuellem Wege ermöglichen, aber rein virtuelle Versammlungen dennoch ausschließen. Das erreichen Sie mit einer Regelung wie der folgenden.

Formulierungsbeispiel
Mitgliederversammlungen können als Präsenzveranstaltungen an dem in der Einladung genannten Versammlungsort oder als hybride Mitgliederversammlung stattfinden, bei denen Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und ihre Mitgliederrechte ausüben können.

Wollen Sie in Ihrem Verein ausschließlich auf virtuelle Mitgliederversammlungen setzen, dann brauchen Sie eine Satzungsregelung wie die folgende. Damit sind außer in den gesetzliche vorgeschriebenen Fällen nur virtuelle Versammlungen möglich.

Formulierungsbeispiel
Mitgliederversammlungen finden ausschließlich virtuell statt. Virtuell sind Versammlungen, bei denen die  Mitglieder ohne Anwesenheit an einem Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre Mitgliederrechte ausüben, statt. Präsenzversammlungen finden nur statt, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben sind.

Sie könnten stattdessen aber auch Online-Versammlungen in Ihrem Verein gänzlich ausschließen und weiterhin auf Präsenzveranstaltungen setzen. Ob dies allerdings sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Denn Corona hat ja gezeigt, wie wichtig Flexibilität bei der Versammlungsform ist und welche Vorteile die modernen Kommunikationsmöglichkeiten bedeuten können. Nichtsdestotrotz garantieren Sie reine Präsenzveranstaltungen zum Beispiel mit einer Satzungsregelung wie der folgenden.

Formulierungsbeispiel
Mitgliederversammlungen finden ausschließlich als Präsenzveranstaltungen an dem in der Einladung genannten Versammlungsort statt.

Zu guter Letzt ist hier noch ein Satzungsvorschlag der alle Formen der Versammlung ermöglicht, die Entscheidung über die Form dem Vorstand überlässt.

Formulierungsbeispiel
1. Mitgliederversammlungen können als Präsenzversammlung an einen Versammlungsort, als hybride Mitgliederversammlung, bei denen Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und Ihre Mitgliederrechte ausüben können, oder als virtuelle Mitgliederversammlung, bei der Mitglieder ohne Anwesenheit an einem Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre Mitgliederrechte ausüben, stattfinden.
2. Für die Einladung und Durchführung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen gelten die gesetzlichen Regelungen des § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Form der Versammlung legt der Vorstand jeweils mit der Einladung fest.

All diese Satzungsvorschläge nehmen Sie am besten als eigenen Absatz in dem Paragrafen zur Mitgliederversammlung auf. Damit treffen Sie in der Satzung Ihres Vereins klare Regeln. Meine Erfahrung als Anwalt und als Vorsitzender eines Vereins zeigt immer wieder, wie wichtig das ist. Denn letztendlich führt jede Unklarheit über kurz oder lang zu Streit, und den sollten Sie im Sinne wirksamer Beschlüsse natürlich tunlichst vermeiden.

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